Ausgemolken
28. April 2008 05:45
Die Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter drohen den großen Supermarktketten mit einem Lieferboykott, denn ALDI und andere Discountern haben den Verkaufspreis für 1 Liter regelmäßig ausgemolkene Kuheuterflüssigkeit von 73 auf 61 Cent gesenkt und das gefällt den deutschen Milchbauern nun überhaupt nicht.
Während es zu den Preissteigerungen für Verbraucher in den letzten Wochen und Monaten aus dem Bauernlager keinen Ton gab, wirft sich jetzt der Bauernpräsident Gerd Sonnleitner mächtig in die Brust und tönt von Raubtierkapitalismus, Preisdiktat und Missbrauch der Marktmacht.
Auch wenn der Markt die Preise macht, macht es doch einen mächtigen Unterschied, ob es den eigenen Geldbeutel trifft oder den der Anderen.
Jetzt machen die Bauern dicke Backen, lassen die Muskeln spielen und planen sogar einen Überraschungscoup, damit die Discounter die Preise wieder erhöhen. Auch wenn einer guten Milchkuh im Jahr zwischen 10.000 bis 15.000 Liter abgemolken werden können, bevor sie im Alter von etwa 4 Jahren trockengemolken zur Endverwertung in die Pfanne kommt, so sollen die regionalen Milchvorräte nur für knapp zwei Tage reichen.
Die Bauern müssten also nur zwei Tage ihre Kühe nicht mehr abmelken und schon würden die Preise in die Höhe schießen, denn “die Milch macht’s”.
Wenn dann auch noch eine Subventionsprämie für geplatzte Euter dazukommen sollte, könnte so manches schlaue Bäuerlein ins Grübeln kommen.
Der Deutsche Bauernverband hat in vorsichtiger Wortwahl seine Mitglieder schon mal dazu aufgerufen “ihre Einkäufe bei ALDI zu überdenken” und der Präsident des Landesbauernverbands Baden-Württemberg, Joachim Rukwied, verklickerte der Presse, dass “die Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels die Milchbauern in den Bankrott treibe”.
Da geht es den Bauern eben mit der Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels wie den Rentnern mit der Rentenpolitik der Bundesregierung und den Arbeitnehmern mit der Lohnpolitik der Arbeitgeber.
Im Gegensatz zu den Rentnern und Arbeitnehmern, die sich seit Jahren wie Herdenvieh ausbeuten und in Richtung Privatinsolvenz und Altersarmut treiben lassen, bestehen laut Bauernverbandspräsident Helmut Sonnleitner die Bauern darauf, dass “die völlig unnötige Preissenkung durch den Lebensmitteleinzelhandel umgehend wieder vollständig korrigiert wird”.
Um es ins Gedächtnis zu rufen, wir reden von 10 Cent je Liter, die sich Sonnleitner zufolge für die deutsche Landwirtschaft zu einem Schaden von rund 650 Millionen Euro summieren.
Da muss der in den letzten Jahren angerichtete Schaden für Arbeitnehmer und Rentner ja in die Milliarden gehen.
Die Gewerkschaften sollten sich mal am Bauernverband ein Beispiel nehmen, denn der Präsident dieses Verbandes hat sich am Montag an das Bundeskartellamt gewandt, deute doch die fast gleichzeitige Preissenkung der Lebensmitteldiscounter auf eine “Absprache” hin.
Ein Sprecher dieser Behörde bestätigte bereits am Mittwoch, dass die zuständige Beschlussabteilung untersuche, ob ein Verfahren eingeleitet werden müsse.
So mancher Autofahrer würde sich angesichts der seit Jahrzehnten “zufällig” synchronen Preiserhöhungen bei Benzin und Diesel eine ähnlich rasche Reaktion dieser Behörde wünschen. Aber das ist wie beim Strom oder beim Gas, die Klagen von Konsumenten verhallen in dieser Republik meist völlig ungehört.
Angesichts der von den Verbrauchern seit Jahren fast klaglos hingenommenen Preissteigerungen bei Lebensmitteln erscheint das Aufheulen der Bauern wegen 10 Cent je Liter Kuhmilch etwas übertrieben, denn seltsamerweise ist der Preis je Liter Mäusemilch mit etwa 20.000 Euro nahezu konstant geblieben.
Allerdings muss man für einen Liter auch rund 4.000 Mäuse melken.
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